Frage      Sind Jesus Verkündigungen brauchbar?
Mehr als eine Hand voll ethischer Vorschriften geben die Evangelien für das alltägliche Leben leider nicht her. Nicht einmal die Kernaussagen Jesu sind und waren jemals von praktischer, weltlicher Nützlichkeit.

Im Grunde nimmt die Gebote und feierlichen Versprechen Jesu niemand ernst. Sonst dürften wir keine Banken haben (Mt 6,19): "Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln".

Wir bräuchten keine Polizei (Mt 5,40) "Wenn jemand mit dir rechten will und dir deinen Rock nehmen, dem lass auch den Mantel" und keine Gerichte (Mt 7,1) "Richtet nicht".

Außerdem könnten wir uns die ganze quälende Arbeitsmarktdiskussion sparen (Mt 6,25): "Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet." Es reicht völlig, sich um das Reich Gottes zu kümmern, dann (Mt 6,33) "wird euch das alles zufallen."

Wo aber ist denn der gute (Joh 10,11) "Hirte", der für seine "Schafe" sorgt? (Was für eine Geringschätzung, mündige Menschen "Schafe" zu nennen!) Man stelle sich vor, Millionen Menschen würden ihre Arbeit niederlegen, sich gemütlich hinsetzen und auf Jesus vertrauend nur noch beten.

Paulus, der Jesus immer wieder grundlegend widersprach, hatte dieses Problem schon früh erkannt und die Christenregel vom faulen Herumliegen umgehend aufgehoben (2. Thess 3,10): "Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen."

Jesus machte keine Anstalten, herrschende Missstände aktiv zu beseitigen. Auch bei ihm suchen wir vergebens nach Lösungen für real existierende Probleme und Grausamkeiten.

Wir finden keine Proteste gegen die zu seiner Zeit weit verbreitete Sklavenhaltung und keinen Aufruf zur Achtung vor der Natur und den Tieren.

Wir finden keinen Rat, der bei einer Schwangerschaft nach Vergewaltigung helfen kann, keine medizinischen Anweisungen gegen Krankheiten, kein Wort zur Gewalt in Familien oder andere Hilfen für wirklich dramatische Probleme.

All das war Jesus wohl zu banal. Abgesehen von einem gelegentlichen "Liebet euch!" hat er nichts Sinnvolles gegen die Not der Menschen hinterlassen.

Was ihn dagegen interessierte, waren Glaubensregeln, Herrschaft, Schuld, Strafe und immer wieder Gehorsam, Gehorsam, Gehorsam (Mt 13,41-42): "Und die da Unrecht tun, werden sie (die Engel) in den Feuerofen werfen."

Leider hat Jesus, wie zuvor sein himmlischer Vater im Alten Testament, nichts wirklich Neues zu verkünden gewusst. Trotz göttlicher Abstammung erkannte er nicht, dass Menschen und Affen dieselben Vorfahren haben, dass Blitze elektrische Entladungen sind und die Sterne nicht am Firmament über

der Erde aufgehängt sind. Jesus glaubte noch an Winddämonen und Geister und konferierte mit dem Teufel in der Wüste.

Als die Priesterschaft Jesus fragt, warum er denn mit (Lk 5,30) "Zöllnern und Sündern" esse und trinke, antwortet dieser (Lk 5,32): "Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen und nicht die Gerechten."

Eine wohlklingende Antwort auf den ersten Blick, aber wie Jesus Zöllner und Sünder mit Essen und Trinken zu einem Sinneswandel bewegen will, bleibt offen. Sollte unsere Polizei mit Drogendealern essen gehen, um sie von ihrem Tun abzubringen?

Bei Johannes werden die Interpretationen von Jesus' realitätsfernen Sprüchen im selben Ausmaß vage, wie seine Person als Christus vergöttlicht wird. Als die Schriftgelehrten eine Frau wegen (Joh 8,3) "Ehebruch" anklagen und Jesus um Rat fragen, bückt der sich, schreibt mit dem Finger etwas in die Erde, richtet sich wieder auf und spricht den berühmten Satz (Joh 8,7): "Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie."

Wunderschön gesagt! Aber ob es der armen Frau geholfen hat und wie diese angebliche Weisheit im täglichen Leben angewandt und ins Rechtssystem einer Gemeinde oder gar einer Nation aufgenommen werden soll, lässt Jesus offen.

Es ist deshalb nicht mehr als ein poetischer Vers. Oder sollte unsere Regierung alle Richter nach Hause schicken und das Bestrafen einstellen? Schließlich sind alle Menschen sündhaft (Röm 3,9): "Denn wir haben soeben bewiesen, daß alle (...) unter der Sünde sind."

Im Grunde hinterließ Jesus keine verbindlichen Richtlinien über das, was man tun oder besser unterlassen sollte. Reiche zum Beispiel werden nur bei Lukas attackiert. An anderen Stellen ist Reichtum nicht grundsätzlich verpönt, auch wenn das in der heutigen Leistungsgesellschaft viele Gläubige gerne so hätten.

Weitere unangenehme, aber die Menschen betreffende Themen wie Abtreibung, Verelendung, Alkoholismus, Jugendkriminalität, Invalidität, Arbeitslosigkeit, Altersvorsorge und viele andere erwähnen die Evangelien mit keinem Wort. Die tatsächlichen Probleme der Menschen waren ihnen von zu geringer Bedeutung.

Ludwig Feuerbach hat in seinem Buch "Das Wesen des Christentums" zum Beispiel beschrieben, welch geringen Stellenwert pflanzliches und tierisches Leben in der biblischen Verkündigung hat. Kein einziges Wunder ist überliefert, bei dem Jesus ein Tier geheilt oder sich für es eingesetzt hätte. Tiere und Pflanzen waren für die meisten Menschen der Antike seelenlose Geschöpfe.

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©Johannes Maria Lehner
 
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