Frage      War Jesus ein Revolutionär?
Erich Fromm, der Begründer der humanistischen Psychoanalyse, sah in Christus einen Sohn, der gegen die gottväterliche Autorität aufbegehrte, so wie es kleine Leute manchmal gegen die Mächtigen tun.

Er hielt den christlichen Glauben für "eine Religion von Empörern und Revolutionären."

Wir sollten diesen Gedanken nicht unwidersprochen übernehmen, denn das frühe Christentum war weder staats- noch autoritätsfeindlich. Es lehnte sich höchstens gegen die beengenden Regeln der Tempelpriester auf.

Zudem war die Anhängerschaft der ersten Christen bis weit ins 4. Jahrhundert hinein so gering, dass man nicht von einer umfassenden Volksbewegung sprechen kann.

Ist es nicht erstaunlich, dass die Menschen einen Versager zur

Heilsfigur erhoben haben? Dass Männer und Frauen einem Mann zujubeln, der erst verspricht, die Verhältnisse auf der Welt zu ändern, dann aber gedemütigt wird und gewaltsam zu Tode kommt, ohne seine Zusagen eingelöst zu haben?

Entgegen aller Vernunft haben es Jesus' Anhänger trotzdem geschafft, andere von diesem Menschen zu überzeugen, aus seinem Scheitern einen Triumph zu machen und sein Leben als einen göttlichen Heilsplan zu formulieren.

Sollte nur ein leidender Schwächling in der Lage gewesen sein, die Schwachen und Ängstlichen dieser Welt für sich zu gewinnen? Oder hatte man einfach das lange Warten auf den versprochenen König aufgegeben und das Scheitern am Kreuz als den eigentlich angestrebten Sieg verkündet, um der Schmach des Irrtums zu entgehen?

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©Johannes Maria Lehner
 
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