Frage      Guten Taten helfen nicht
Wir können machen, was wir wollen, nach biblischer Aussage entscheiden über unser Schicksal nicht unsere Taten, sondern andere Kräfte.

Schon Martin Luther war der Überzeugung, dass "übles Leiden weit besser ist, als Gutes tun." Leiden ist also die Heilsbotschaft, nicht Gutes tun!

(Ob er das wirklich so meinte, oder ob es ihm einfach zu anstrengend war, Gutes zu tun, wissen wir nicht. Gute Taten verlangen in der Regel aktiven Einsatz und Opferbereitschaft am Mitmenschen und damit taten sich die Kirchen immer schwer. Nur dazusitzen und zu leiden ist manchmal viel bequemer.)

Der Apostel Paulus war von der hoffnungslosen Sündhaftigkeit des Menschen und der Vorherbestimmung zum Heil oder zum Unheil (Prädestination) ebenfalls überzeugt. Nach Paulus' Lehre entschied Gott allein, wen er retten und wen er verstoßen würde, egal was der Betroffene auch tat (Röm 8,29): "Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorher- bestimmt."

Paulus schrieb an die Gemeinde in Rom (Röm 9,16): "So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen." Das bedeutet, Gott allein hat einen Menschen entweder zur Seligkeit oder zur Verdammnis berufen.

Paulus war überzeugt, - anders als Jesus - dass man durch gute Taten nicht erlöst werden konnte. Ein Überbleibsel alten Schicksalsglaubens lebt hier fort (Röm 9,18): "So erbarmt er sich nun, wessen er will, und verstockt, wen er will."

Diese Gott nachgesagte Willkür, nach Belieben zu erlösen oder zu bestrafen wen er will, scheint unter psychologischen Aspekten geradezu gefährlich. Leider lässt die Bibel keinen Zweifel daran, dass Gott den Menschen keine freie Wahl über ihre Erlösung lässt (2. Mose/Ex. 33,19): "Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich."

Wir dürfen also einzig auf das Erbarmen Gottes hoffen, egal wonach wir streben und was wir tun. Allein der Allmächtige entscheidet über Verdammnis oder Seligkeit. Das ist nicht etwa ein vorsintflutlicher Glaubenssatz aus dem Alten Testament, sondern eine Ansicht, die bis heute von der Kirche verbindlich vertreten wird.

Zu dieser an Inhumanität kaum zu überbietenden Lehre von der unbeeinflussbaren Vorherbestimmung des Menschen kommt der endlos wiederholte Vorwurf der Sündhaftigkeit jedes Individuums (Röm 3,10): "Da ist keiner, der gerecht ist, auch nicht einer."

Was der Mensch auch tut, er ist von Grund auf, von allem Anfang an schlecht (1. Mose/Gen 8,21): "Denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf."

Kirchengründer Paulus war sich sicher, dass Gott alle Menschen für sündhaft betrachtete (Röm 11,32): "Denn Gott hat alle eingeschlossen in den Ungehorsam, damit er sich aller erbarme."

Niemand wird also durch eigenes Bemühen und Handeln gerecht (Röm 3,20): "Was das Gesetz sagt, das sagt es denen, die unter dem Gesetz sind, damit allen der Mund gestopft werde und alle Welt vor Gott schuldig sei, weil kein Mensch durch die Werke des Gesetzes vor ihm gerecht sein kann." Nachzulesen ist das unter einem Kapitel mit dem beklemmenden Titel (Röm 3,9): "Die Schuld aller vor Gott."

Über Jahrhunderte hinweg wurde diese für die Psyche der Menschen verheerende Lehre von den Kirchenführern perfektioniert. Zwar wird sie heute weniger lautstark vertreten, aber sie ist nach wie vor Kirchendoktrin. Es bleibt dem schuldigen Menschen nur, sich Gott und seinen irdischen Machthabern demütig unterzuordnen (Tit 3,1): "Erinnere sie daran, dass sie der Gewalt der Obrigkeit untertan und gehorsam seien."

Hilflos der Willkür seines Schöpfers ausgeliefert, kann der sündhafte Mensch sein Los nur erträglicher machen, indem er gehorcht und Gutes tut, also rechtschaffen und anständig, fleißig und ruhig ist. (Der Mensch lässt sich nun mal mit schlechtem Gewissen leichter zum Gehorsam beugen.)

Wie viel Schaden dieses Bild eines von Geburt an sündhaften Menschen über die Jahrtausende in den Seelen der Menschen angerichtet hat, beschreibt der Psychologieprofessor Dr. Franz Buggle: "Nicht zuletzt die moderne klinische Psychologie hat aufgezeigt, wie sehr eine so reduzierte Selbstabwertung, die Vermittlung eines so extrem negativen Selbstbildes (…) zur Quelle psychischer Störungen, insbesondere, aber nicht allein, depressiver Störungen werden kann."

(Siehe auch den Link "Gott und die Schuld aller")

< zurück          nach oben


©Johannes Maria Lehner
 
-> Fenster schliessen                              --> Diese Seite drucken