Frage      Der Auszug aus Ägypten
Der ägyptische Pharao läßt das Volk Gottes aus der Gefangenschaft in Ägypten ausziehen, angeblich (2. Mose 12,37) "sechshundert- tausend Mann zu Fuß ohne die Frauen und Kinder". Diese Menschenmassen irren daraufhin 40 Jahre in der Wüste Sinai umher, um schließlich (schon zum zweiten Mal) die Grenzen des von Gott ver- sprochenen Landes zu erreichen.

Sie legen während dieser Zeit eine Wegstrecke zurück, die man bequem in ein paar wenigen Wochen hätte hinter sich bringen können.

Man stelle sich vor: Ein riesiges Heer von Menschen verließ um das Jahr 1300 v. Chr. ein für damalige Verhältnisse hoch zivilisiertes Land. Es war eine Zeit, in der alle mehr oder weniger wichtigen Ereignisse sorgfältig niedergeschrieben wurden. Überall im Land und an der Küste standen Grenzbefestigungen, durch die jede Bewegung an der Ostgrenze des Pharaonenreiches registriert wurde.

Trotzdem findet sich nirgendwo der geringste Hinweis auf die Anwesen- heit einer fremden ethnischen Gruppe im ägyptischen Reich. Eine Bewegung größerer Menschenmassen in Richtung Osten ist in keiner zeitgenössischen Schrift auch nur angedeutet. Es ist auch historisch erwiesen, dass die Ägypter niemals Sklaven in dieser großen Zahl gehalten haben.

Gehen wir davon aus, dass zu jedem Mann eine Frau und nur zwei Kinder gehörten, so waren über zwei Millionen Menschen unterwegs. Die Wirtschaft des ägyptische Reiches wäre zusammengebrochen, ob eines solchen Aderlasses an billigen Arbeitskräften. Es ist kaum anzu- nehmen, dass der Geschichts- schreibung ein solches Ereignis entgangen wäre.

Nicht nur, dass die Israeliten ungehindert abziehen konnten, sie plünderten das mächtige und wohlhabende Ägypten auch noch aus (2. Mose 3,22): "Jede Frau soll sich von ihrer Nachbarin und Hausgenossin silbernes und goldenes Geschmeide und Kleider geben lassen. Die sollt ihr euren Söhnen und Töchtern anlegen und von den Ägyptern als Beute nehmen."

Wozu die Frauen und ihre Kinder mit Gold und Silber auf eine vierzigjährige Wüstenwanderschaft gehen sollten, bleibt so unklar wie unsinnig.

Bedenken wir zudem, dass der Bibel zufolge ursprünglich nur (1. Mose 46,17) "siebzig", namentlich erfasste Männer und Frauen "nach Ägypten kamen". Sie wurden dort als Flüchtlinge aufgenommen und später als Sklaven gehalten.

Wie sie sich in wenigen Generationen zu diesem riesigen Volk vermehrt haben sollen, bleibt rätselhaft.

Die Organisation eines so gigantischen Marsches wäre noch heute eine logistische Mammutaufgabe, zumal sie damals unerwartet und schnell vor sich gehen musste.

Trotzdem zogen die Israeliten (2. Mose 13,18) "wohlgeordnet aus Ägyptenland", wie wir in der Lutherbibel lesen.

Die "American Standard Version" übersetzt "wohlgeordnet" mit "armed", also bewaffnet.

Wie die fliehenden Sklaven zu Waffen gekommen sein sollen, lässt die Bibel natürlich offen. Die "21st Century King James Version" übersetzt den Vers deshalb etwas anders: "Und die Kinder von Israel zogen hinauf in Reihen zu fünf aus Ägypten."

Hätten die Übersetzer nachgerechnet, wäre ihnen aufgefallen, dass eine Kolonne von zwei Millionen Menschen in Fünferreihen eine Schlange von 400 Kilometern ergeben hätte. Legt man eine Marschgeschwindigkeit von stattlichen 25 Kilometern am Tag zu Grunde, bräuchte die Kolonne allein für den Abmarsch 16 Tage. Diese Zahlenspiele zeigen die Absurdität der Bibelgeschichte.

Ägypten zog zu allen Zeiten Menschen aus Kanaan an, denn die fruchtbaren Ebenen am Nil waren ein verlockender Lebensraum. Zur Spätbronzezeit stand Ägypten auf dem Höhepunkt seiner Macht und Kanaan, das so genannte Heilige Land, war fest in ihrem Griff. Überall gab es ägyptische Stützpunkte, Forts mit Brunnen und Kornspeicher.

Ein hoch entwickeltes Beamtenwesen sicherte die Einhaltung der ägyptischen Vorschriften. "Fünfzig ägyptische Soldaten würden ausreichen, einen Aufstand in Kanaan niederzuschlagen", schrieb ein Beamter in einem Brief an seinen Vorgesetzten und drückte damit aus, wie unbedeutend und gering die Bevölkerung dort eingeschätzt wurde.

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©Johannes Maria Lehner
 
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