Frage      Der Teufel verführte Jesus
Mit dem Teufel höchstpersönlich sprach Jesus (Mt 4,11 und Lk 4,1): "Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde." Anstatt aber mit Feuer und Schwert um die Weltherrschaft zu kämpfen, tauschten Jesus und der Teufel wider Erwarten nur friedlich ihre Ansichten aus.

Letzterer wollte auch gar nichts Böses, sondern dem Gottessohn einfach nur den Glauben an Gott abschwatzen und ihm dafür die Weltherrschaft anbieten. (Schließlich tat Jesus auch nichts anderes, als den Juden ihren Glauben auszureden.)

Natürlich wehrte sich Jesus mit ein paar ergreifenden Zitaten tapfer gegen das Angebot von Geld und Macht. Als ihn der Teufel bat, zum Beweis seiner Macht aus Steinen Brot zu machen, entgegnete ihm Jesus mutig (Mt 4,4): "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht."

Nach drei weiteren "Weisheiten" dieses Kalibers gab der Satan schließlich auf und zog sich zurück. Es reicht also, dem mächtigen Satan ein paar mehr oder minder kluge Verse entgegenzuschleudern und schon kapituliert er (Mt 4,7): "Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen."

Jeder Sonntagsschullehrer beschreibt den Höllenfürst bedrohlicher als es die Bibel an dieser Stelle tut.

Diesen kurzen Dialog zwischen Jesus und seinem Erzfeind nennt die Kirche bedeutsam die "große Versuchung". Der Katechismus begründet damit die 40tägige Fastenzeit, mit der sich "die Kirche jedes Jahr mit dem Mysterium Jesu in der Wüste" vereint.

Aber worin liegt eigentlich die Versuchung, wenn einem Mann, der sowieso bald König der ganzen Welt sein wird - und Jesus war sich dessen sicher -, die Weltherrschaft angeboten wird?

Dieser Verlockung zu widerstehen, dürfte nicht schwer fallen.

Dabei wollte der Teufel lediglich mit drei einfachen Beweisen von Jesus wissen, ob er wirklich Gottes Sohn sei. Das ist doch wahrlich nicht zu viel verlangt. Wir würden Jesus wahrscheinlich auch darum bitten, wenn er sich uns als Gottessohn vorstellen würde.

Vielleicht ist die Geschichte von den drei Fragen des Teufels und den drei Antworten Jesu kein wirkliches Ereignis, sondern eine Art Gebrauchsanweisung für Gemeindeprediger und Missionare.

Sie soll zeigen, wie man den kritischen Fragen der Gläubigen und den Versuchungen der Welt mit weisen Sprüchen Paroli bieten kann.

< zurück          nach oben          vor >


©Johannes Maria Lehner
 
-> Fenster schliessen                              --> Diese Seite drucken