Frage      Warum essen Juden und Moslems kein Fleisch?
Das Alte Testament verbietet ausdrücklich den Verzehr von Schweinefleisch (3. Mose, 11):

"Ihr sollt für unrein halten das Schwein ... Ihr dürft von ihrem Fleisch nicht essen und ihr Aas nicht berühren."

Da der Islam seine Wurzeln im Juden- und Christentum hat, verbietet auch der Koran den Genuß von Schweinefleisch (Koran 2,173). Warum eigentlich?

Die dümmste Erklärung besagt, Schweinefleisch würde im heißen Klima der jüdischen Stämme zu schnell verderben und Gott hätte das Gebot aus gesundheitlichen Gründen ausgesprochen. Jeder von uns weiß aber, dass alle Fleischsorten ähnlich schnell vergammeln und dass Fisch noch schwerer zu lagern ist und weitaus gefährlicher für die Gesundheit wäre. Fisch wird aber nirgendwo verboten.

Im 12. Jahrhundert wurde versucht, das Verbote mit der angeblich unreinen Lebensweise von Schweinen zu begründen, wie sie bei nicht artgerechter Haltung auftritt. So schrieb Moses Maimonides, ein jüdischer Arzt, die Lebens- gewohnheiten und die Nahrung des Tieres seien unsauber und ekelerregend: "Das Maul eines Schweines ist so schmutzig wie der Kot selbst." Biologisch ein absoluter Unsinn. Ein natürlich lebendes Schwein ist wie fast alle Säugetiere ein sehr reinliches Tier.

Im 19. Jahrhundert vermutete man die Übertragung der Trichinose durch nicht vollständig gegartes Schweine- fleisch sei der Grund für das Verbot. Da aber auch rohes Fleisch anderer Arten schwere Krankheiten übertragen kann, ist diese Erklärung ebenfalls unwahrscheinlich.

Ich habe eine ganz andere Erklärung:
Die ersten Geschichten und Gebote der Bibel wurden in der beginnenden Bronzezeit, also ca. 2000 Jahre v. Chr. verfasst, vorerst nur mündlich überliefert. Dies war die Zeit des aufkommenden Ackerbaus. Die bisher umherziehenden Nomaden wurden vermehrt sesshaft und hielten vor ihren Hütten Tiere wie Ziegen und Schweine. Vor allem Schweine brachten ergiebigen Fleischertrag und liessen sich leicht domestizieren. (Rinder und Schafe wurden nach wie vor auf Weiden gehalten, die nicht überall zur Verfügung standen).

Die Autoren der Bibel blieben aber weiterhin einfache Nomaden und zogen mit ihren Schafen und Ziegen durch das karge Hochland. Landwirtschaft war hier nur schwer möglich und es wurde an den nomadischen Traditionen festgehalten.

Die sesshaften Völker in den fruchtbaren Ebenen nördlich des Heiligen Landes und am Meer wurden immer wohlhabender. Eifersüchtig schauten die Stämme des Hochlandes auf ihre bäuerlichen Nachbarn und immer wieder kam es zu Streit. Symbol dieses Reichtums war auch das ergiebige Schwein. Das Tier, das Hirten und Nomanden niemals in der Geschichte der Menschheit mit sich geführt haben. Das Schwein unterschied den Bauern vom Hirten.

So ist der Gott der Bibel ein Gott von Hirten und Nomaden. Dies liest sich immer wieder zwischen Zeilen biblischer Geboten und Texten. So verschmähte Gott das Opfer Kains - die Feldfrüchte eines Bauern - und lobt das Opfer eines Hirten, einen Erstling aus der Herde Abels.

Gott zog also den Geruch verbrannten Fleisches (1. Mose 8,21: "Und der Herr roch den lieblichen Geruch.") einem vegetarischen Opfer vor. Auch hier spalten sich Traditionen und Mentalitäten nomadisch lebender Menschen mit ihren sesshaften Nachbarn.

Wäre der Autor der Bibel ein Bauer gewesen, hätte er wahrscheinlich Hafer und Bohnen als Opfergabe verlangt.

Apostel Paulus hat übrigens im Neuen Testament in einem kurzen Satz den Christen erlaubt, Schweine zu essen. Verständlich, war er doch ein weit- gereister Römer und ass Schweine- fleisch wie fast alle Menschen jener Zeit. Er missionierte unter Schweine essenden Menschen und konnte ein solches Verbot nicht weiter durch- setzen. Er und seine Mitchristen waren eben keine Ziegen und Schafe hütenden Nomaden.

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©Johannes Maria Lehner
 
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