Frage      Die unbemerkte Auferstehung Jesu aus dem Grab
Bis zu diesem Zeitpunkt unserer Bibelexkursion könnte Jesus noch immer ein menschlicher Lehrer, Prediger oder umherziehender Vagabund gewesen sein. Erst die Auferstehung würde aus ihm einen Gott oder einen Gottessohn machen.

Deshalb ist es besonders wichtig, die Authenzität der Auferstehung zu hinterfragen. Schon Paulus sah das so (1. Kor 15,14): "Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich." Der christliche Glaube ist in erster Linie ein Auferstehungsglaube.

Doch ausgerechnet über die Auferstehung erzählen die Evangelien nichts! Das leere Grab allein soll der Beweis für das Wunder der Himmelfahrt sein. Auch spätere Bibelautoren wie Paulus schweigen über den Hergang der Auferstehung.

Kein Evangelist übermittelt uns, wie Jesus von den Toten auferstanden ist. Es könnte genauso gut sein, dass er nur erschöpft und bewusstlos vom Kreuz genommen, zugedeckt und in ein Höhlengrab gelegt wurde. Am nächsten Tag wäre er dann in der Kühle des Grabes wieder aufgewacht. Er hätte den Stein vom Eingang wegrollen und sich heimlich verdrücken können.

Diese Vermutung wurde schon früh geäußert und immer wieder heftig diskutiert. Einige behaupten sogar, Jesus hätte nach der Kreuzigung nicht mehr in Palästina leben können und sei nach Indien ausgewandert. Schließlich war er ein zum Tode Verurteilter.

Im Osten soll er als Yuz Asaf Wunder gewirkt haben. Noch heute kann man in Srinagar, der Hauptstadt des nordindischen Kaschmir, sein angeblich endgültiges Grab besichtigen.

Angesichts dieser Widersprüche machte sich schon Goethe über die Bibelschreiber lustig: "Offen stehet das Grab. Welch herrlich Wunder, der Herr ist auferstanden! Wer's glaubt! Schelmen, ihr trugt ihn ja weg."

Was war nun wirklich geschehen? Am Sabbat (Freitagabend bis Samstagabend) besuchten Maria Magdalena und Jakobus' Mutter (die eigentlich auch Jesus' Mutter hätte sein müssen) das Grab. Da bebte die Erde schon wieder und ein Engel im weißen Kleid stieg in der Gestalt eines Blitzes vom Himmel.

Die Grabwächter - von denen nur Matthäus berichtet - fielen vor Schreck bewusstlos zu Boden. Der Engel kam aber nur auf die Erde herunter, um den Frauen mitzuteilen (Mt 28,6): "Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat."

Im Markusevangelium besuchen Maria und Maria Magdalena am Sonntag das Grab. Bei sich haben sie wohlriechende Öle, um den Leichnam Jesu zu salben. Die Frauen sind erstaunt über das offen stehende und unbewachte Höhlengrab.

Drinnen finden sie keinen Toten, sondern einen Jüngling, der ihnen anvertraut (Mk 16,6): "Er ist auferstanden, er ist nicht hier." Mehr Informationen gibt es nicht.

Nach Matthäus und Markus hatte Jesus also kaum 24 Stunden im Felsengrab verbracht (Mt 28,1), obwohl die Bibel drei Tage Ruhepause vor der Auferstehung voraussagte (Mt 12,40): "So wird der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Schoß der Erde sein."

Maria Magdalena ist eine ziemlich unzuverlässige Augenzeugin, hatte ihr doch Jesus erst kurz zuvor (Mk 16,9) "sieben böse Geister" ausgetrieben. Heutzutage würde man sie wahrscheinlich als psychisch (Lk 8,2) krank bezeichnen.

Eine solchermaßen angeschlagene Frau hatte also als erste Person verschwommen den auferstandenen Christus wahrgenommen. Ohne ihn gleich zu erkennen sah sie (Joh 20,14): "Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist."

In einem Punkt der Auferstehungs- geschichte sind sich die Evangelisten also einig: Niemand hat Jesus' Leichnam gesehen, niemand hat ihn auferstehen sehen und alle fanden nur das Grab leer vor.

Eine andere Frage drängt sich auf: Warum versteckte sich Jesus nach seiner Auferstehung?

Das zuvor lautstark angekündigte Ereignis war nun endlich geschehen, aber Jesus musste sich mit seinen Jüngern hinter verschlossenen Türen treffen (Joh 20,19): "Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch!"

Als auferstandener Gottessohn hatte er doch von Tempelpriestern und Römern nichts mehr zu befürchten. Jetzt wäre die Gelegenheit gewesen, all jene, die nicht an ihn geglaubt hatten, mit einer kurzen Erscheinung am Himmel zu beschämen.

Schließlich hatte der Superstar der Christenheit seinen Feinden angekündigt (Mt 26,64): "Von nun an werdet ihr sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen auf den Wolken des Himmels."

Ja, er prahlte sogar (Mt 28,18): "Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden."

Ein Messias, der nach seinem Tod aufersteht, sich vor seinen Feinden versteckt und auf Nimmerwieder- sehen verschwindet, soll der Sohn eines allmächtigen Gottes sein?

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©Johannes Maria Lehner
 
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