Frage      Vorbilder der Jesus-Saga
Die Geschichte Jesu, seine Geburt, sein Leben, seine Taten und auch seine Auferstehung sind in der Welt der Antike nichts Einmaliges. Gern will uns die Kirche weismachen, Jesus' Ideen seien einzigartig und revolutionär gewesen und sein Leben ganz außergewöhnlich verlaufen. Das Gegenteil ist der Fall!

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Herakles

Die Heraklesreligion war zur Zeit Jesu in Syrien, Griechenland und von Rom bis zum Rhein bekannt. Seine Mutter Alkmene und der Adoptivvater Amphitryon reisten zur Entbindung von Mykenai nach Theben, so wie Josef und Maria von Nazareth nach Bethlehem.

Göttervater Zeus hatte Herakles' Geburt vorausgesagt, so wie die Propheten des Alten Testaments das Kommen Jesu' angekündigt hatten. Und kaum war er auf der Welt, wurde auch Herakles von seinen Feinden gesucht und verfolgt.

Herakles wie auch Jesus zogen sich vor ihrem Wirken in die Einsamkeit zurück. Dort erkannten sie ihre Berufung und widerstanden der Versuchung des Bösen. Beide gehorchten einem göttlichen Vater, wandelten übers Wasser und wurden Heiland und Friedensbringer genannt.

Dem Johannesevangelium zufolge starb Jesus mit den Worten (Joh 19,30) "Es ist vollbracht", während die Erde bebte und der Himmel sich verdunkelte. Herakles' letzte Worte, bevor er zum Vater in den Himmel schwebte, waren genau dieselben. Angeblich starb er in Anwesenheit seiner Mutter und seines Lieblingsjüngers Hyllos. Der Schuldige an seinem Tod hängte sich wie Judas nach seinem Verrat aus Reue auf.

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Apollonius

Apollonios von Tyana zum Beispiel, war ein Zeitgenosse Jesu. Sein von Philostratos aufgeschriebenes Leben liest sich wie eine Abschrift der biblischen Jesusgeschichte, zum Teil wie ein Evangelium.

Seine Geburt begleiteten himmlische Erscheinungen und im Tempel verblüffte er schon als junger Mann mit seiner Weisheit alle Priester. Später zog er mit Jüngern predigend durchs Land und sah sich selbst als Gottgesandter. Wie Jesus lehnte auch Apollonios blutige Opfer ab.

Er trieb böse Geister aus, heilte Lahme und Blinde und tat alle möglichen Wunder. Auf Rhodos überzeugte er einen Reichen von der Nutzlosigkeit des Reichtums und in Rom erweckte er ein totes Mädchen zum Leben. Seinen Jüngern kündigte er seine Verurteilung vorher an und nach seinem Tod stieg er direkt zum Himmel auf.

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Menachem

Ein anderer selbst ernannter Führer war Menachem ("der Tröster") Auch um ihn ranken sich Legenden von einer Geburt in Bethlehem, wenn auch in einem Königspalast. Er beeindruckte im ersten nachchristlichen Jahrhundert vor allem die Juden und rief zum Widerstand gegen die Besatzer auf.

Im Gegensatz zu Jesus vertraute Menachem auf die Macht der Waffen und setzte sich an die Spitze aufständischer Partisanen, der Zeloten. In vielen Kämpfen machten sie den Römern das Leben schwer, bis sie in Masada durch einen gemeinsamen Selbstmord ihr Ende fanden.

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Asklepios

Der Kult um Asklepios war schon im 5. vorchristlichen Jahrhundert weit verbreitet. Er rief Gläubige aus aller Welt nach Epidauros zu Wunderheilungen. An Asklepios' Altar stand in großen Lettern das Wort "soter", zu deutsch "Heiland".

Der Theologe Carl Schneider, der sich ausführlich mit dem Ritus dieser griechisch-römischen Gottesfigur auseinandergesetzt hat, berichtet: "Wie Asklepios heilte Jesus mit seiner ausgestreckten oder aufgelegten Hand oder mit einem Finger (...) Ein von Asklepios geheilter Blinder sieht wie ein von Jesus Geheilter zunächst nur Bäume."

Im Markusevangelium hört sich die biblische Version dieser Geschichte folgendermaßen an (Mk 8,24-25): "Und er (der Blinde) sah auf und sprach: Ich sehe die Menschen, als sähe ich Bäume umhergehen. Danach legte er (Jesus) abermals die Hände auf seine Augen. Da sah er deutlich." Beide Wunderheiler besänftigten auch Stürme und erweckten Tote zum Leben. Asklepios' Attribut war ein Stab mit einer eingedrehten Schlange. Der Äskulapstab ist heute das Symbol der Ärzteschaft.

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Mithras

Der bedeutendste Gott im Römischen Reich war zu jener Zeit aber Mithras. Noch im Jahr 307 ernannten ihn die römischen Kaiser Diokletian, Galerius und Licinius zum "Beschützer ihres Reiches" und huldigten ihm, nicht dem Gott der Christenheit.

Wie die katholische Kirche kannte der Mithraskult sieben Sakramente und die Taufe, es gab ein mystisches Mahl (Abendmahl), Firmung und Kommunion mit Brot und Wasser. Man rechnete mit einem Jüngsten Gericht und glaubte an eine Auferstehung nicht nur des Geistes, sondern auch des Körpers. Die Hostien trugen ein Kreuzzeichen, auf den Altären brannte ein Ewiges Licht und man wusch mit Blut die Sünden ab.

Seine Geburt wurde am 25. Dezember gefeiert und er sah sich als Vermittler zwischen Ormuzd, dem Lichtgott im Himmel, und Ahriman, dem Satan, alias Beelzebub, alias Belial im Innern der Erde.

Kaum jemand weiß heute, dass noch im 4. Jahrhundert der "Mithracismus" beliebter und verbreiteter als das Christentum war. Die Römer bauten nicht nur in Rom zu Ehren dieses Gottes prächtige Tempel. In London und Paris entstanden Heiligtümer und allein in Deutschland wurden bisher vierzig Kultstätten entdeckt. Erst päpstliche Verbote und Gewalt verhinderten, dass der Mithraskult das Christentum weiterhin bedrohte.

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Dionysos

Dionysos, der Sohn des Gottes Zeus und einer irdischen Frau namens Semele, war ebenfalls das Ergebnis einer Jungfrauengeburt. Dionysos wurde in einen Korb, Jesus in eine Krippe gebettet. Und auch Dionysos verwandelte Wasser in Wein, starb am Kreuz und stand danach von den Toten auf.

Der Kult um Dionysos war im Mittelmeerraum weit verbreitet und man huldigte ihm von Syrien bis nach Spanien. In vielen griechischen Städten standen Heiligtümer und in Rom lebten einige tausend bekennende Dionysos-Anhänger. Nonnos von Panopolis schrieb 48 Epen zu Ehren dieses Gottes.

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Wir sehen also, dass der Kult um Jesus in Mythos und Liturgie eng an die Vorbilder anderer leidender und nach dem Tod auferstandener Götter angelehnt ist. Zufall können die vielen Übereinstimmungen zwischen den alten Religionen und dem Ursprung der christlichen Lehre jedenfalls nicht sein.

Zu Göttern erhobene Menschen waren zu Jesus' Zeit an der Tagesordnung und überall beliebt. Der römische Satiriker Petronius beobachtete seine Landsleute mit scharfem Auge und schrieb: "Unsere Gegend ist so voll von gegenwärtigen Gottheiten, dass man leichter einen Gott als einen Menschen findet."

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©Johannes Maria Lehner
 
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